Zugriff verweigert: Wie eine neue drahtlose Technologie es Angreifer*innen ermöglicht, das Wi-Fi zu stören
RIS-Technologie ermöglicht drahtloses Stören mit hoher räumlicher Auflösung
Drahtlose Verbindungen sind heute in den meisten Haushalten üblich. Von der Beleuchtung bis zur Heizung kann alles durch Wi-Fi verbunden und gesteuert werden. Die drahtlose Technologie ist jedoch von Natur aus anfällig für die Gefahr von Störeinflüssen. Wissenschaftler*innen des Max-Planck-Instituts für Sicherheit und Privatsphäre (MPI-SP) und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) zeigen, dass die Technologie der Reconfigurable Intelligent Surfaces (RIS) Angreifer*innen ermöglicht, Störsangriffe erheblich zu verbessern, indem sie eine präzise räumliche Kontrolle ermöglicht.
Kriminelle nutzen drahtlose Jamming-Angriffe, um intelligente Haussicherheitssysteme zu deaktivieren oder zu verhindern, dass Autos verriegelt werden. Die Angreifer*innen senden ein Störsignal, um das eigentliche Signal zu überlagern, so dass der Dienst für die Nutzer*innen vollständig unterbrochen wird (Denial-of-Service). Kriminelle können jedoch auf moderne Technologien zurückgreifen, um neue und immer ausgefeiltere Angriffsstrategien zu entwickeln.
Beispielsweise ist ein komplexer automatischer Fertigungsprozess auf drahtlose Verbindungen für dessen Geräte angewiesen. Würden die Angreifer*innen in das Netz eindringen und es sabotieren, würde automatisch ein Alarm ausgelöst werden. Wären Angreifer*innen jedoch in der Lage, selektiv nur ein Gerät zu stören und die anderen intakt zu lassen, würde die Störung unwahrscheinlicher detektiert werden.
Wissenschaftler*innen der RUB und des MPI-SP untersuchten, wie die jüngsten technologischen Fortschritte bei Reconfigurable Intelligent Surfaces (RIS) die Hürde für solche selektiven Störangriffe senken. Sie zeigten insbesondere, dass durch den Einsatz von RISs die Störung auf ein oder mehrere ausgewählte Geräte beschränkt werden kann, während andere Geräte in der Nähe unbeeinflusst bleiben.
RISs sind software-gesteuerte Oberflächen, die aus der Metamaterialforschung hervorgegangen sind und zur intelligenten Steuerung der Funkwellenausbreitung eingesetzt werden können. Mit diesen einzigartigen Fähigkeiten ist die RIS-Technologie eine vielversprechende Ergänzung für künftige 6G-Mobilfunknetze. Der in dieser Studie verwendete Prototyp wurde von einem Team aus Wissenschaftler*innen der TH Köln und der Ruhr-Universität Bochum entwickelt.
Das Team von Wissenschaftler*innen des MPI-SP und der RUB nutzte diese Technologie, um selektives Jamming durchzuführen. „Man kann sich das RIS-Gerät wie eine Discokugel vorstellen, die Radiowellen reflektieren kann. Der Unterschied ist, dass wir jede Spiegelfacette so manipulieren können, dass sie die Wellen dorthin lenkt, wo wir sie haben wollen“, sagt Philipp Mackensen, einer der Hauptautoren der Studie. Das Forschungsteam nutzte das RIS-System, um nur eines von zwei Geräten, die in unmittelbarer Nähe platziert waren, erfolgreich zu steuern.
Selbst wenn die Geräte in einem Abstand von nur 5 mm übereinandergestapelt wurden, war der selektive Angriff auf ein Gerät erfolgreich. „Vor dieser Studie war das Potenzial der RIS-Technologie zur Verbesserung der Störungsmöglichkeiten noch weitgehend unerforscht“, erklärt Paul Staat, Co-Autor der Studie. „Ohne die RIS-Technologie wäre es nicht möglich, mit relativ kostengünstigen und wenig komplexen Werkzeugen eine so hohe räumliche Auflösung des Ziels zu erreichen“. Neben ihren Ergebnissen behandeln die Autoren auch, wie die Bedrohung durch RIS-basierte drahtlose Störangriffe entschärft werden kann. Das Paper wird auf dem 32. Network & Distributed System Security (NDSS) Symposium, einer der führenden Sicherheitskonferenzen, im Februar in San Diego vorgestellt.